Zu-S-Merten-Felisa-et-secreta-Romae
Sabine Merten: Felisa et secreta Romae – Felisa und die Geheimnisse Roms. München (Circon) 2023 [Schüler Lernkrimi Latein]. 96 S., € 13 (ISBN 978-3-8174-4360-4).
aus: FORUM CLASSICUM 66 (2023), S. 278-279.
Soviel vorab – eine vergnügliche und spannende Kriminalgeschichte, in deren Mittelpunkt eine zunächst kleine, sodann an ihren Abenteuern wachsende Straßenkatze steht, welche sich vom Ort ihrer behüteten Jugend unter einer Brücke etwas außerhalb Roms auf den Weg macht ins bunte Leben und laute Treiben der großen Stadt am Tiber. Und sie wird begleitet von Vokabelangaben, Erläuterungen zum antiken Schauplatz (→ Res Romanae) sowie einführenden Bemerkungen zur Grammatik überhaupt, der lateinischen im Besonderen, welche sich aus den originalsprachlichen Einsprengseln in den zunächst einmal deutschen Text ergeben und in zusammenfassenden Übungen gesichert werden. Didaktische Konzeption ist diejenige der Compact Lernkrimis des Münchner Circon-Verlages, angebunden der Vokabeltrainer phase6. Die kontinuierliche Steigerung der Anforderungen mündet in ein Prüfungs-Quiz zum Abschluss der story und rundet diese lehrwerksunabhängige Einstiegslektüre parallel zum Spracherwerb motivierend ab. Ein alphabetisch geordnetes Glossar der verwendeten Vokabeln am Ende des in Layout wie visueller Gesamtausstattung ansprechenden Büchleins macht die Erlebnisse der catta parva zur Individuallektüre ebenso geeignet wie gut handhabbar für den Klassenverbund.
Der Jugendkrimi um die junge Katze Felisa (der Name – ein sprechender [feles und Lisa] und im Spanischen eigenständiger Vorname – erinnert zugleich an den Katzenthriller [für Erwachsene] Felidae von M. Schaack [1994]) ist in Diktion wie Anlage altersgerecht (Unterstufe) gestaltet. Er wird mit Fotos (6 Tiber, 10 Via Appia, 32 Hundemosaik) und veranschaulichenden Rekonstruktionszeichnungen (18 auf dem Emporium am Tiber und 53 auf dem Forum Romanum, 26 Villa, 44 Circus Maximus, 58 Triclinium) reich bebildert und ist in kurzen Abständen von den bereits genannten Übungen (vierzig exercitia zu Wortarten und Morphologie, Lexik und Satzbau, Übersetzung und Textverständnis) kunterbunt aufgelockert (zu diesen 82-86 ein Lösungsteil). Die fortlaufende Erzählung (ihre historischen Bezüge sind nicht allzu eng gefasst, was in den Sachhinweisen allerdings hätte eingeordnet werden können, dazu → u.) steigert sich in Umfang wie Anspruch der organisch-übergangslos eingelegten lateinischen Passagen, welche überall passend mit Vokabellisten sowie sprachlichen und sachlichen Hilfen unterfüttert werden; realienkundliche Kleintexte sind schülernah und gut verständlich – und auf alle wird aus der narratio heraus direkt verwiesen. Das Bändchen gibt sich als Lernbegleiter für das erste Latein-Jahr, und demzufolge stehen am Beginn die ‚Klassiker‘ des Anfangsunterrichts: a-/o-Deklination in Substantiv und Adjektiv; esse als Prädikatsnomen; die vokalische Konjugation des Verbs (als didaktische Reduktion wird der Stammauslaut der Personalendung zugerechnet); Satzeinleitungen, Kasusfunktionen und wichtigere Präpositionen, Frage-, Relativ- und Kondizionalsätze, Zahlen und Steigerung, AcI usf., ohne dass sich dahinter bereits ein bestimmter Unterrichtsband mit eigenen Vorgaben aufzeigt.
Die Geschichte als solche führt Felisa nach ihrer Ankunft in der Metropole gleich in die erste Bewährungsprobe unter Ihresgleichen am Emporium, der großen Markthalle Roms, samt Flucht, Verfolgungsjagd und Rettung im Hause des freundlichen, aber ‚anstrengenden‘ cattus doctus Cicero. Dem Idyll der Villa entzieht sie sich ins gefährliche Getümmel der Innenstadt und auf einen siegreichen Rennwagen in der Arena, gerät anderntags auf dem Palatin (die Abbildung zeigt indes das Forum, welches hier [53 f.] auf die Höhen des anliegenden Hügels verlegt ist) in eine Begegnung mit der kaiserlichen Sänfte – auf Katzenebene und darüber zu einem Gastmahl im Palast des Augustus (unter diesem Namen regierte Octavian seit 27 v. Chr.). Am folgenden Morgen fällt sie in die Unterwelt des Forum Romanum und (→ Titel) ins geheime Spionagenetz der Katzen Kleopatras (die [67] derzeit „in Rom weilt“ – tatsächlich in den Jahren 46-44. Nach der Niederlage in der Seeschlacht von Actium 31 v. Chr. und dem Fall von Alexandria 30 v. Chr. begeht Kleopatra – zusammen mit M. Antonius – Selbstmord). Dort trifft sie auf den inhaftierten und als Geisel gefolterten cattus litteratus Naso: es geht um das secretum Liviae (= L. Drusilla, seit 38 v. Chr. mit Octavian verheiratet; aus erster Ehe ist sie Mutter des späteren Kaisers Tiberius und Großmutter des vierten Kaisers Claudius), welches eine fatale Präferenz der ägyptischen Herrin für römische Katzen zeitigt. Dieses aber – so daraufhin Felisas List – soll im Tempel der Vesta verborgen sein, dessen Gesetzmäßigkeiten den neuen Freunden einen Ausweg öffnen.
Überprüft werden abschließend die auf den Pfaden der (über)lebenstüchtigen Katze gewonnenen Erkenntnisse durch sieben weitere exercitia eines Quiz zu allen beschriebenen Lernbereichen (samt Auflösung 87). Die eigentliche criminal story aber endet … ohne wirkliches Ende, vielmehr mit der Ankündigung einer noch ausstehenden, weiteren Aufgabe für die Beiden und damit zugleich mit dem Ausblick auf einen erwünschten Begleiter ähnlicher Art und Struktur für das kommende zweite Lernjahr Latein.
Michael P. Schmude, Lahnstein