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Einfuehrung-in-die-lateinische-Prosodie-und-Metrik

Einfuehrung-in-die-lateinische-Prosodie-und-Metrik

aus: Die Weiterbildungslehrgänge Latein (2005-2011), hg. von K. Sundermann. Mainz 2013 [Impulse 15], S. 79-89.

Einführung in die lateinische Prosodie und Metrik

von  Michael P. Schmude

Die vollständige Fassung des hier nur angerissenen Artikels findet sich unter obenstehendem (grünen) Link → auf der ‚Innenseite‘ …

 

Beim Vortragen lateinischer Verse ist unschwer zu hören, daß hier die Intonation von der ’normalen‘ Prosabetonung der gleichen Worte, also vom natürlichen Wortakzent, doch an manchen Stellen durchaus abweicht. Höhen und Tiefen, Hebung und Senkung, Akzent oder Iktus laufen in einer festgeregelten Folge ab, und diese Abfolge wiederum hängt zusammen mit den Längen und Kürzen der einzelnen Wortsilben, ihren Quantitäten: zwei ineinandergreifende Bereiche der lateinischen Verslehre überhaupt – Prosodie hier als Lehre von den Silbenquantitäten und Metrik als Lehre von den Versmaßen im engeren Sinne.

 

– Der lateinische Vers besteht in einer regelmäßigen Folge langer und kurzer (quantitierende), der deutsche im Wechsel betonter und unbetonter Silben (akzentuierende Metrik). Neben dem natürlichen Wortakzent (der Prosa) steht in Dichtung zur Verdeutlichung der Versstruktur der <Ictus> (G. Hermann 1816), der Versakzent.

– Die Prosabetonung deutscher Worte liegt auf der Stammsilbe, d.h. dem sinngebenden Bestandteil. Die Prosabetonung lateinischer Worte richtet sich nach dem Drei-Silben-Gesetz: jedes mehrsilbige betonte Wort hat den Hauptakzent auf der vorletzten Silbe ([syllaba] paen-ultima), wenn diese lang, auf der drittletzten (antepaenultima), wenn die vorletzte kurz ist. Zweisilbige Worte werden auf der vorletzten Silbe betont. Anders als im Deutschen ist also der Wortakzent von der Quantität der Silben (Gegenstand metrischer Prosodie) und ihrer Abfolge (Funktion des Rhythmus) abhängig.

– Der Bau des lateinischen Verses wird demnach unabhängig vom natürlichen Wortakzent bestimmt von der Quantität der einzelnen Wortsilben, der deutsche von der Art der Abfolge seiner betonten und unbetonten Silben (dabei können wir von einem Vers erst sprechen, wenn diese Abfolge streng regelmäßig, an ein Versmaß gebunden ist, ansonsten haben wir es mit rhythmischer Prosa zu tun). Die metrische Länge oder Kürze der Wortsilben, von welcher die Betonung bzw. Akzentuierung abhängt, ist Gegenstand einer eigenen Disziplin, der Prosodie (gr. pros-ōdía =  lat. accentus).